Definition der Droge : Verwendet werden die getrockneten, ganzen oder geschnittenen oberirdischen Teile.
Bereits in der Antike wurde das «Mutterkraut» oder «Jungfernkraut» bei Gebärmutterleiden, Menstruationsbeschwerden und zur Geburtserleichterung verwendet. Darauf weist sein deutscher Name hin und auch das griechische „parthenium“. Es bedeutet so viel wie „Jungfrau bzw. jungfräuliche Göttin“. Im 8. Jahrhundert ordnete Kaiser Karl der Große an, Mutterkraut in den Gärten anzupflanzen. Seit dieser Zeit ist es bekannt als Mittel gegen Kopfschmerzen und Migräne, bei Arthritis und rheumatischen Erkrankungen.
Für die Wirkung sind die Sesquiterpenlaktone verantwortlich, die sich durch eine exocyclische Doppelbindung im Laktonring erklären lässt. Davon wurden 35, mit der Hauptkomponente Parthenolid, in der Droge nachgewiesen, außerdem verschiedene lipophile Flavonoide sowie ein ätherisches Öl mit ca. 50 Komponenten und (S)-(-)-Campher, trans-Chrysanthenylacetat und Camphen als Hauptsubstanzen. Die pharmakologische Datenlage ist vielversprechend. Die Droge greift in verschiedene Stoffwechselprozesse ein, wobei die Hemmung des Transkriptionsfaktors NF-κB und damit die Hemmung verschiedener Gene, die beim Entzündungsprozess eine Rolle spielen sowie die verminderte Serotoninfreisetzung aus Thrombozyten und polymorphkernigen Leukozyten von besonderer Bedeutung sind. Dadurch lässt sich auch die Wirkung bei Migräne und Arthritis erklären. Obwohl in den meisten GCP-konformen klinischen Studien Mutterkraut eine Überlegenheit gegenüber Plazebo zugestanden wird, ist die Arzneipflanze bzw. sind deren Präparate noch wenig in Verwendung.
Mutterkraut zählt zu den Korbblütlern (Fam. Asteraceae) und ist eine aufrechte, krautige, ca. 30 – 80 cm hohe Pflanze. Die 2 bis 5 Paar einfach bis doppelt fiederspaltigen grob gekerbten Blätter ähneln Astern- oder Rainfarnblätter und sind gelbgrün und stehen an einem kahlen, ästigen Stängel. Von Juni bis September zeigen sich goldgelbe Blütenköpfchen mit zahlreichen Röhrenblüten, umgeben von 12 – 15 weißen Zungenblüten mit 3 runden Zähnchen an der Spitze. Die Blüten sind zu 5 bis 30 in einem lockeren, oft zusammengesetzten, endständigen Ebenstrauß vereinigt. Kulturformen von Mutterkraut haben meist „gefüllte“ Blüten, die nur aus Zungenblüten bestehen. Die Frucht ist eine 1,2 bis 1,5 mm lange Achäne, in der Reife braun, mit 5 bis 10 weißen, länglichen Rippen, drüsig, und mit einer kurzen, häutigen, gekerbten Krone versehen.
Verwechslungsgefahr besteht mit der Echten Kamille (Matricaria recutita L.) und mit anderen Kamillenarten wie Matricaria inodora L., M. discoidea DC. u Anthemis spp. [3–5].
Das Mutterkraut besitzt gleich wie die Echte Kamille ein hohles Blütenköpfchen, jedoch abgeflacht und nicht kegelförmig nach oben gewölbt.
Mit einem einfachen senkrechten Schnitt durch das Blütenköpfchen kann somit das Mutterkraut von den anderen Kamillenarten (Geruchlose Kamille, Strahllose Kamille, Hundskamille) durch deren gefülltes Blütenköpfchen, und von der Echten Kamille durch den hochgewölbten kegelförmigen Blütenboden, unterschieden werden.
Droge
Verwendet werden die während der Blütezeit gesammelten getrockneten, ganzen oder zerkleinerten oberirdischen Teile von Tanacetum parthenium (L.) Schultz Bip. Die Droge wurde unter der Bezeichnung Mutterkraut (engl. Feverfew, lat. Tanaceti parthenii herba) im Jahre 2001 ins Europäische Arzneibuch aufgenommen [1]. Zur Abgrenzung gegenüber der Römischen Kamille (von Chamaemelum nobile (L.) All.) sind dort die typischen Drüsenschuppen beschrieben. Typisch ist auch der campherartige Geruch, der auf den hohen Gehalt an Campher im ätherischen Öl, teilweise über 50 %, zurückzuführen ist.
Als Folge der Erkenntnis, dass die Sesquiterpenlaktone als wirksames Prinzip von Mutterkraut bei Migräne gelten, setzte »Canada’s Health Protection Branch« im Jahr 1992 für Mutterkrautprodukte einen Mindestgehalt von 0,2 % Parthenolid (C15H20O3; Mr 248,3), bezogen auf die getrocknete Droge, fest [6]. Dem schloss sich das Europäische Arzneibuch an. Damit wird sichergestellt, dass der richtige Chemotyp von Tanacetum parthenium (L.) Schultz Bip. verwendet wird, was jedoch nicht die Wirkung entsprechender Präparate garantiert.
Zur Gewinnung wird das Kraut während der Blütezeit gemäht und im Schatten in dünnen Schichten bei Temperaturen unter 35 °C getrocknet.
Die Chemie von Mutterkraut ist gut untersucht und lässt sich mit der Diskussion von drei Stoffgruppen angemessen darstellen.
1) Sesquiterpenlaktone vom Germacranolid- (insbesondere Parthenolid), Eudesmanolid- und Guajanolidtyp (0,8 % – 2,0 %; PhEur = mindestens 0,20 % Parthenolid).
Sie besitzen alle eine α-Methylenbutyrolacton-Gruppierung und kommen nur in den oberirdischen Teilen vor [7]. Bis heute wurden ca. 35 Sesquiterpenlaktone beschrieben, 10 Germacranolide (v.a. Parthenolid), 8 Eudesmanolide (z.B. Santamarin) und 17 Guajanolide (z.B. Canin, Artecanin, Tanaparthin-α-peroxid, Tanaparthin-β-peroxid). Mengenmäßig dominiert Parthenolid, das bis zu 1 % im getrockneten Kraut enthalten sein kann, alle anderen Sesquiterpenlaktone liegen in weit geringeren Konzentrationen vor, meist zu unter 0,01 %.
Der Gehalt variiert auch regional. Ein hoher Gehalt wurde in Mustern aus Großbritannien und Deutschland gefunden. Pflanzen aus dem ehemaligen Jugoslawien und Mexiko enthalten dagegen keine Germacranolide, sondern hauptsächlich Eudesmanolide und Guaianolide [8,9].
2) Die Flavonoide befinden sich als wasserlösliche Flavonglykoside (Apigenin-7-glucuronid, Chrysoeriol-7-glucuronid, Luteolin-7-glucuronid und Luteolin-7-glucosid) in den Vakuolen der Blätter. Die Blüten enthalten Apigenin-7-glucosid (Cosmosiin). In Blüten, Blättern und Früchten wurden ferner lipophile Flavone nachgewiesen: 6-Hydroxykämpferol-3,7,4′-trimethylether (Tanetin) sowie 6-Hydroxykämpferol-3,7-dimethylether, Quercetagetin-3,7-dimethylether und Quercetagetin-3,7,3′-trimethylether[10,11].
3) Das ätherische Öl, zu ca. 0,5 % Öl in der Droge enthalten, ist für den Geruch des Mutterkrauts verantwortlich. Er wird mit „unangenehm“ oder „stark widerlich duftend“ über „campherartig“ bis „an Kamille erinnernd“ beschrieben. Hauptkomponente ist in allen untersuchten Ölen Campher, mit teilweise über 50 %. Zweitstärkste Komponente ist trans-Chrysanthenylacetat mit 10 – 25 %, dann folgt Camphen mit 2 – 12 %. Insgesamt wurden ca. 50 Komponenten im Öl identifiziert, davon liegen die meisten in Konzentrationen unter 1 % vor [12].
Im Buch „The Family Herbal“ (1772) schreibt John Hill: „In the worst headache this herb exceeds whatever else is known.“ Damit wurde das Mutterkraut in England zum “Aspirin des 18. Jahrhunderts”. Dies berichtet Berry 1984 in seinem Übersichtsartikel „Feverfew faces the future“ [13]. Den volkstümlichen Gebrauch teilt er dort grob in drei Kategorien ein:
- bei Fieber, Kopfschmerzen, Migräne;
- bei Wehenschwäche, befürchteter Fehlgeburt und Menstruationsbeschwerden;
- bei Magenschmerzen, Zahnschmerzen und Insektenstichen.
In der Volksheilkunde wird Mutterkraut ferner bei Dysmenorrhö, Wehenschwäche und drohender Fehlgeburt angewendet. Die krampflösenden Eigenschaften macht man sich zur Behandlung spastischer Zustände auch im Rahmen von Verdauungsbeschwerden, zunutze. Volksheilkundlich wird die Droge in Form von Waschungen bei Wunden und Schwellungen sowie zur Mundspülung nach Zahnextraktion eingesetzt. In früheren Zeiten wurde Mutterkraut auch als Mittel bei zu großem Opiumgenuss eingesetzt.
1973 berichteten britische Zeitungen über die Erfahrungen einer 68-jährigen Arztfrau in Wales, die nach 10-monatiger Einnahme von Mutterkrautblättern frei von Migräneattacken war [14]. Sie hatte es von einem alten Mann empfohlen bekommen, der damit seine Arthritis erfolgreich bekämpft hatte. Diese Nachricht löste in der Bevölkerung eine Welle von Selbstheilungsversuchen aus. Hersteller von pflanzlichen und homöopathischen Heilmitteln brachten sehr schnell verschiedene Mutterkrautzubereitungen zur Behandlung von Migräne und Arthritis auf den Markt. Diese Situation belebte die chemische und pharmakologische Forschung an Mutterkraut.
Verwendung
Mutterkraut kann sowohl im akuten Migräneanfall als auch zur Migräneprophylaxe angewendet werden. Es wird einerseits die Schmerzintensität und andererseits die Frequenz der Attacken gesenkt. Insbesondere wirkt sich die Droge auf Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen und Schwindel positiv aus. Zusätzlich spielen eine Hemmung der Prostaglandinsynthese und eine spasmolytische Wirkung eine Rolle.
Gesicherte Anwendungsgebiete:
- Indikation: Vorbeugung der Migräne
Die Positiv-Monographie der ESCOP (European Scientific Cooperative on Phytotherapy) nennt die Migräneprophylaxe als Indikation für Mutterkraut. Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC; Herbal Medicinal Product Committee) der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) mit Sitz in London, hat Mutterkraut als traditionelle pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf einer mindestens 30-jährigen Tradition der medizinischen Verwendung, davon mindestens 15 Jahre in einem Land der EU, kann Mutterkraut zur Prophylaxe von Migräne verwendet werden, wenn ärztlicherseits keine Bedenken bestehen. Die HMPC-Monographien lösen die vielerorts als Standard betrachteten Monographien der Kommission E ab, und sind öffentlich und kostenlos verfügbar (http://www.ema.europa.eu; Auswahlfeld „find medicine“; Auswahlfeld „herbal medicine“).
Nicht gesicherte Anwendungsgebiete:
Zur Behandlung der Anämie, Arthritis, Asthma, allgemeine Erkältung, Verstopfung, Diarrhöe, Dysmenorrhoe, Dyspepsie, Ödem, Fieber, Magenverstimmung, Insektenstiche, Rheumatismus, Ischiasschmerz, Tinnitus, Zahnschmerzen und Schwindel.
Die ESCOP-Monographie nennt als Tagesdosis 50 – 120 mg der getrockneten Droge oder äquivalente Zubereitungen. Im Europäischen Arzneibuch wird ein Mindestgehalt von 0,2 % Parthenolid, bezogen auf die getrocknete Droge, gefordert. Als Ergebnis klinischer Studien wird eine Tagesdosis von 50 – 143 mg Droge in Tabletten oder Kapseln empfohlen [15].
Es wird auch die Einnahme von 2 frischen Blättern als Tagesdosis, mit oder nach dem Essen, zur Migräneprophylaxe empfohlen. Der extrem bittere Geschmack kann überdeckt werden, wenn die Blätter mit Sandwiches gegessen werden [14,16].
Eine Dosisempfehlung für die Anwendung bei Kindern fehlt bisher [16].
Ebenfalls geht aus den durchgeführten klinischen Studien eine Anwendung der Droge von mindestens 3 Monaten hervor. Die besten Ergebnisse wurden nach einer Einnahme von 6 Monaten erzielt [16]. Außerdem sollte das Absetzen nicht abrupt passieren, sondern mit einer stufenweisen Reduzierung innerhalb eines Monats, um einen «Rebound (Absetzeffekt)» zu vermeiden.
Die Anwendungssicherheit von Tanacetum ist gut. Aus Metaanalysen der kontrollierten klinischen Studien zur Vorbeugung der Migräne leiteten sich lediglich milde und transiente unerwünschte Effekte ab [17–19].
Unerwünschte Wirkungen
Beobachtet werden hauptsächlich Mundulcerationen (Aphthen), Schmerzen im Abdominalbereich und unangenehmer Geschmack. In seltenen Fällen kommt es zu einer Entzündung der Mundschleimhaut und der Zunge, gelegentlich begleitet von einer Lippenschwellung. In einer Studie an 270 Patienten, die regelmäßig Mutterkraut einnahmen, waren Mundulcerationen die häufigste UW (6,4 %), gefolgt von Abdominalschmerzen und Verdauungsstörungen (3,9 %), unangenehmem Geschmack (3,0 %), Kribbeln (3,0 %), urinären Problemen (0,9 %), Kopfschmerzen (0,9 %), Lippen- und Mundschwellungen (0,9 %) sowie Diarrhoe (0,4 %) [20].
Mundulcerationen treten sowohl nach der Einnahme von Kapseln als auch von frischen Blättern auf; nach Tabletten soll die Häufigkeit geringer sein. Als Gründe für Therapieabbruch werden Diarrhoe, Flatulenz, Brechreiz und Erbrechen genannt. Die meisten UW verschwinden nach dem Absetzen innerhalb einer Woche [21]. Fälle von allergischer Dermatitis beim Kontakt mit Mutterkraut sind selten [22–24].
Umherfliegende Partikel können größere Mengen von Allergenen in sich bergen, die beim Kontakt mit der Haut an ungeschützten Körperstellen zu einer sogenannten Kontaktdermatitis führen können [25]. P
ositive Patch-Tests mit Mutterkraut oder Parthenolid wurden bei Patienten mit aerogener Kontaktdermatitis gesehen [26,27].
Kreuzreaktionen mit anderen Asteraceen wurden bei Patienten mit Mutterkraut- oder Parthenolidallergie beobachtet [27–30].
Gegenanzeigen/Anwendungsbeschränkungen
Mutterkraut ist bei Schwangerschaft und Laktation kontraindiziert, weil es angeblich Uterus-Kontraktionen auslösen kann. Es gilt jedoch als unbestätigt und die Angaben basieren auf Tierexperimente [15]. Patienten mit Kontaktallergie gegen Asteraceen muss ebenfalls von einer Medikation mit Mutterkraut abgeraten werden. Wegen des Fehlens entsprechender klinischer Studien sollten auch Kinder nicht mit Mutterkraut behandelt werden [31].
Wechselwirkungen
In einer großen Anzahl von Personen, die mit Mutterkraut zusammen andere Medikamente einnahmen, wurden keine Wechselwirkungen beschrieben [14,32,33].
Toxikologie
Mutagen: Mögliche genotoxische Effekte des Mutterkrauts wurden an 30 weiblichen Migränepatienten untersucht, die über einen längeren Zeitraum täglich 12,5 bis 250 mg Mutterkraut eingenommen hatten. Die Vergleichsgruppe bestand aus 30 weiblichen Migränepatienten, die kein Mutterkraut eingenommen hatten. Bei dieser Studie wurden keine Chromosomenaberrationen und kein Schwesterchromatidaustausch (SCE) in zirkulierenden peripheren Lymphozyten festgestellt. Die Parameter unterschieden sich nicht signifikant von denen der Vergleichsgruppe. Bei der Behandlungsgruppe wurde ferner bei der Untersuchung des Urins kein signifikanter Anstieg der mittleren Anzahl von Revertanten beim Ames-Mutagenitätstest (30 mL Urin, konz., dosiert in 50 μL DMSO (Dimethylsulfoxid)) induziert, mit und ohne metabolische Aktivierung, im Vergleich zum Urin der Patientinnen der Vergleichsgruppe [13,32,34,35].
Reproduktion: Zu Fertilität, Teratologie und Laktation liegen keine Untersuchungen vor [21]. Mutterkraut kann bei trächtigen Kühen Abort verursachen. Entsprechende Beobachtungen sind bei Schwangeren bisher nicht dokumentiert worden [20].
Mutterkraut – die pflanzliche 3-fach Prophylaxe bei Migräne
1.Hemmt die überschießende Serotoninfreisetzung
Eine biologische Wertbestimmung (Bioassay) beruht auf der Hemmung der Serotonin (5-Hydroxytryptamin, 5-HT) Freisetzung aus Blutplättchen. Serotonin spielt eine bedeutende Rolle bei der Pathogenese von Migräne-Kopfschmerzen [36]. Der Nachweis einer Senkung des Serotoninspiegels könnte also spezifisch für die Beurteilung eines Mittels zur Migräneprophylaxe sein [37].
Ein empfindlicher Bioassay zur Evaluierung der Effekte des Parthenolids auf die 5-HT-Speicherung, -Freisetzung und die Stimulierung des 5-HT(2B)-Rezeptors stellt der isolierte Magenfundus der Ratte dar. Die Sesquiterpenlaktone wirken serotoninantagonistisch, sie vermindern die Freisetzung von Serotonin aus Thrombozyten und polymorphkernigen Leukozyten durch Aktivierung der Proteinkinase C, und verdrängen Serotonin von den 5HT2A– und 5HT2B-Rezeptoren [38–41]. Hieraus ergibt sich ein nachweisbarer Einfluss bei Migräne, da die Serotoninfreisetzung in der Blutbahn mit einer Migräneattacke im engen Zusammenhang steht. Vermutlich wirken hohe Spiegel, im Sinne von Serotoninspitzen, auslösend. Das Mutterkraut harmonisiert die Freisetzung und beugt so vor. Es kommt zu keiner cerebralen Vasodilatation und dadurch wird auch keine Entzündungsreaktion perivaskulär ausgelöst.
2. Normalisiert die Vasomotorik
Im Zusammenhang mit der Wirkung von Mutterkraut bei Migräne ist auch der Effekt auf die Kontraktilität der glatten Gefäßmuskulatur interessant. Ein Mutterkrautextrakt ist ein potenter Inhibitor der Phospholipase-A Aktivität in glatten Muskelzellen der Rattenaorta. Ein Chloroformextrakt aus den frischen Blättern (1:20; Rückstand gelöst in MeOH, 0,25 %ig) hemmt in einer Konz. von 200 μg/mL nach 30 min Inkubation die Gefäßreaktionen der isolierten Kaninchenaorta auf Phenylephrin (3 × 10 bis 3 × 10 M), 5-HT (3 × 10 bis 10 M), Angiotensin II (10 bis 10 M) und das Thromboxanmimetikum U 46619 (9,11-Dideoxy-9α,11α-methano-epoxy-PGF) (10 bis 10 M). Die Hemmung ist unspezifisch, konzentrations- und zeitabhängig, nichtkompetitiv und irreversibel. Parthenolid (250 μg/mL) wirkt ähnlich wie Mutterkrautextrakt (500 μg/mL) [42]. Der Chloroformextrakt aus frischen Blättern bewirkt in einer Konzentration von 50 bis 500 μg/mL (5 bis 30 % Parthenolid) ebenfalls einen Tonusverlust beim Anococcygeusmuskel der Ratte von 60 bis 220 mg/min. Dagegen verursachen Chloroformextrakte aus lactonfreien getrockneten Blättern in einer Konzentration von 50 bis 250 μg/mL keine Hemmung der Aortaringkontraktilität des Kaninchens. Sie wirken im Gegenteil selbst spasmogen und erzeugen starke und anhaltende Kontraktionen des glatten Aortamuskels, die reversibel sind [43]. Die Hemmung der Kontraktilität des glatten Gefäßmuskels ist von der α-Methylenbutyrolactonfunktion des Parthenolids abhängig; diese kann durch Cysteinzusatz chem. inaktiviert werden [44]. Der Chloroformextrakt aus frischen Blättern (1:20) blockiert selektiv die spannungsabhängigen Kaliumkanäle in glatten Gefäßmuskeln des Anococcygeusmuskels der Ratte und des Kaninchens. Bei isolierten Zellen des Rattenanococcygeus reduziert der Extrakt den spannungsabhängigen Kaliumstrom konzentrationsabhängig mit einem IC -Wert (Konzentration, welche den Strom um 50 % reduziert) von 56 μg/mL; eine vollständige Blockade erfolgt bei einer Konzentration von 1 mg/mL. Bei Zellen der Ohrarterie des Kaninchens ist die Wirkung ähnlich: Der Extrakt hemmt den spannungsabhängigen Kaliumstrom, hat aber keinen Einfluß auf die STOC-(spontaneous transient outwart currents)-Aktivität [45]. Mutterkraut soll ferner einen vasoprotektiven Effekt auf die Endothelialschicht der Kaninchenaorta ausüben. In den Aortasegmenten wurde ein reversibler Anstieg des cAMP (cycl. Adenosin-3′,5′-monophosphat)-Spiegels festgestellt [46]. Aus den Versuchen wird gefolgert, dass Mutterkraut ein antithrombotisches Potential besitzt [47,48].
3. Wirkung auf den Arachidonsäure-Stoffwechsel – reduziert die Freisetzung von Entzündungsmediatoren
Mutterkraut oder reines Parthenolid hemmen die Bildung der als Entzündungsmediatoren bekannten Prostaglandine [32,49]. Sesquiterpenlaktone mit α-Methylenbutyrolacton-Gruppierung besitzen eine nachweisliche antiinflammatorische Wirkung [50]. Unterschiedliche Mutterkrautzubereitungen scheinen auch die 5-Lipoxygenase und Cyclooxygenase in Leukocyten zu hemmen, denn sie unterdrücken sowohl die Bildung von Thromboxan B (TXB) als auch die von Leukotrien B (LTB) [49,51,52]. Ein Chloroformextrakt aus frischen Blättern (reich an Sesquiterpenlaktonen) und handelsüblichen pulverisierten Blättern hemmen dosisabhängig die Bildung von TXB und LTB durch stimulierte Peritonealleukocyten der Ratte und humanen Polymorphonuclearleukocyten. Mit Cystein behandelte Extrakte behalten diese Fähigkeit bei, sodass außer den Sesquiterpenlaktonen noch andere Substanzen an der Wirkung beteiligt sein müssen. Parthenolid und Epoxyartemorin sind ebenfalls aktiv, Tanaparthin-α-peroxid, dem die Epoxidgruppe fehlt, jedoch wesentlich weniger. Die IC -Werte liegen im Bereich von 5 bis 50 μg/mL und verlaufen für TXB und LTB parallel [52]. Der wässrige Extrakt (1 mL entsprechend 20 mg Droge) hat bei einer Konz. von 10 bis 25 μg/mL Droge keinen Effekt auf den Arachidonsäuremetabolismus von Peritonealleukocyten der Ratte; bei Konz. von 50 bis 200 μg/mL werden sowohl Cyclooxygenase als auch Lipoxygenase gehemmt [51]. Tanetin (= 6-Hydroxykämpferol-3,7,4′-trimethylether) soll ebenfalls die proinflammatorischen Eicosanoide hemmen. In Versuchen an Rattenperitonealleukocyten, aktiviert durch das Calciumionophor A 23187, hemmte Tanetin sowohl den Cyclooxygenase- als auch den 5-Lipoxigenaseweg des Arachidonatmetabolismus. Mit 40 μM Tanetin betrug die Hemmung von LTB 86,0 ± 2,7 %, TXB 97,0 ± 0,3 % und PGE 85,3 ± 2,2 % [11]. Die neuesten Erkenntnisse bezüglich der entzündungshemmenden Wirkung von Mutterkraut bzw. den Sesquiterpenlaktonen betreffen die Hemmung der Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-κB und damit die Hemmung verschiedener Gene, die beim Entzündungsprozess eine Rolle spielen. Die Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie Tumornekrosefaktor α (TNF-α), Interleukine IL-1, IL-2, IL-4, IL-6, IL-8, IL-12; induzierbare NO-Synthase (iNOS); interzelluläres Adhäsionsmolekül 1 (ICAM-1) wird verhindert [53–56]. Substanzen wie Aspirin und Parthenolid bekämpfen durch die Hemmung der NF-κB-Kaskade eine meningeale Entzündung und Migränekopfweh [57].
Zusätzliche Wirkungen:
- aggregationshemmende und antisekretorische Wirkung
Mutterkrautextrakte hemmen die Plättchenaggregation von humanen Thrombozyten und die Sekretion polymorphkerniger Leukozyten [58]. Ferner wird die durch Anti-IgE oder das Calciumionophor A 23187 induzierte Histaminfreisetzung von peritonealen Rattenmastzellen durch Chloroformextrakten aus luftgetrockneten Blättern (1:20) dosisabhängig über einen Bereich von 1:320 bis 1:20 gehemmt [59,60]. Der Extrakt hemmt die 5-HT-Sekretion aus humanen Thrombocyten [49,61–63] und verhütet eine Plättchenaggregation als Folge chemischer Stimuli [61,63]. Die durch ADP, Adrenalin, Collagen oder Thrombin induzierte Aggregation wird, bezogen auf die trockenen Blätter, mit einer Aktivität von 180 bis 200 Einheiten/g (1 Einheit = 50 %ige Hemmung der durch 3 μM ADP induzierten Aggregation von 1 mL thrombocytenreichem humanem Plasma) gehemmt [62]. Wie eine Untersuchung an 10 langjährigen (3,5 bis 8 Jahre) Mutterkraut-Patienten ergeben hat, lässt sich in vivo keine Hemmung der durch ADP oder Thrombin induzierten Plättchenaggregation nachweisen; die Ergebnisse in vitro sind also auf die klinische Situation nicht direkt übertragbar [64]. Es ist unklar, ob die Phospholipase A (PLA)-Hemmung in diesem Prozess involviert ist [32,49,65]. Eine durch Arachidonsäure induzierte Thrombocytenaggregation wird durch einen Partheniumextrakt nicht verhindert [63].
Die Sekretion von polymorphonuclearen Leukozyten wird von einem Mutterkrautextrakt (Chloroform, 50 mg/mL; resuspendiert in PBS) dosisabhängig durch Blockade von Thiolgruppen gehemmt [38]. Derselbe Mutterkrautextrakt (getrocknete Blätter, 50 mg/mL Chloroform) hemmt in geringen Mengen (10 μL oder weniger) die durch verschiedene Stimulantien induzierte 5-HT (5-Hydroxytryptamin; Serotonin) Sekretion aus humanen Blutplättchen (73 % Hemmung). Die IC –Werte befinden sich in guter Übereinstimmung mit denen des Parthenolids und lassen nach Ansicht der Autoren den Schluss zu, dass Parthenolid wenigstens eine der Wirksubstanzen ist [39]. Außer Parthenolid besitzen auch 3β-Hydroxyparthenolid, Secotanapartholid A, Canin und Artecanin antisekretorische Eigenschaften, sodass anzunehmen ist, dass auch die übrigen α-Methylenbutyrolactone an der antisekretorischen Wirkung beteiligt sind [61].
- antimikrobielle Wirkung
Im Agar-Diffusionstest (Lochmethode) ergaben sich für eine wässrige Parthenolidlösung (50 μL einer Lösung von 1000 μg/mL) folgende Hemmzonen (mittlerer Durchmesser in mm): Bacillus megaterium 14, Bacillus cereus var. mycoides 20, Bacillus subtilis 16, Micrococcus lysodeicticus 16, Mycobacterium sp. 19. Corynebacterium fasciens, Streptococci und gramnegative Bakterien wurden dagegen nicht beeinflusst. Nocardia sp. sowie die Hefen Cryptococcus albidus var. aerius und Sporobolomyces odorus wurden durch Parthenolidkonzentrationen von 50 bis 1000 μg/mL abgetötet. Fadenpilze waren wesentlich unempfindlicher als die meisten getesteten grampositiven Bakterien. Mycosphaerella liguli cola wurde erst bei einer Konz. von 1000 μg/mL nach 24 h Inkubation gehemmt. Colletrichum acutatum und Botrytis cinerea zeigten größere Sensibilität [66]. Tanacetumextrakte aus den blühenden oberirdischen Teilen mit 45 % EtOH (Extr. I) bzw. mit 90 % EtOH (Extr. II) (Droge-Extraktverhältnis nicht ersichtlich) zeigten eine starke antimikrobielle Wirkung gegenüber grampositiven Bakterien; gramnegative Bakterien waren viel unempfindlicher. Im Agar-Verdünnungstest mit Extr. I betrugen die Hemmzonen 9 bis 28 mm, mit Extr. II 7,5 bis 21,5 mm. Am empfindlichsten reagierte in beiden Systemen Trichophyton mentagrophytes [67]. Im Dilutionstest wurden für die Extr. I und II die MHK und die minimale mikrobizide Konz. (MMC) best. Beim Extr. I ergaben sich für Bacillus subtilis eine MHK von 90 % (MMC: 100 %), Bacillus pumilus 100 % (0 %), Staphylococcus aureus 25 % (50 %), Sarcina flava 125 % (25 %), Candida albicans 35 % (50 %) und Trichophyton mentagrophytes 4 % (6,2 %). Beim Extr. II betrug die MHK bei Bacillus subtilis 100 % (0 %), Bacillus pumilus 100 % (0 %), Staphylococcus aureus 12,5 % (25 %), Streptococcus haemolyticus 12,5 % (25 %), Sarcina flava 12,5 % (25 %), Escherichia flava 12,5 % (25 %), Serratia 3292-2 5 % (6,2 %), Proteus mirabilis 5 % (6,2 %), Proteus morganii 5 % (6,2 %), Candida albicans 25 % (30 %), Candida kruzei 12,5 % (25 %) und Trichophyton mentagrophytes 4 % (6,2 %) [67]. Das äth. Mutterkrautöl übt dagegen einen starken bakteriziden Effekt auf die meisten getesteten gramnegativen Bakterien aus, besonders gegen Bacillus sp. und wirkt auch stark fungizid gegen Schimmelpilze und Dermatophyten. Im Verdünnungstest lagen die antibakteriell wirksamen Konz. (MMC und MHK) an äth. Öl für Bacillus subtilis und Bacillus cereus zwischen 0,39 und 12,5 %, für die gramnegativen Bakterien Escherichia coli, Klebsiella oxitoca, Salmonella sp., Shigella sonnei, Serratia marcescens und Citrobacter freundii zwischen 0,78 und 3,12 %, bei den Pilzen Candida tropicalis, Candida apicola, Cryptococcus neoformans und Hansenula anomala zwischen 1,56 und 12,5 %, bei
den Schimmelpilzen Aspergillus flavus, Aspergillus ochraeus, Aspergillus niger und Microsporum gypseum zwischen 6,25 und 6,8 % sowie bei den Dermatophyten Trichophyton mentagrophytes und Epidermophyton floccosum zwischen 1,56 und 6,25 % [67]. Parthenolid vermag Pflanzen vor Pathogenen zu schützen. Es reduziert in einer Konz. von 100 μg/mL die durch Botrytis cinerea und Mycosphaerella ligulicola verursachten Nekrosen an den Blütenblättern von Dendranthema grandiflorum und von Botrytis fabae an den Laubblättern von Vicia faba. Bei einer Konzentration von 1000 μg/mL stellt sich innerhalb von 72 h keine Nekrose ein [66].
- cytotoxische Wirkung
Parthenolid besitzt eine cytotoxische Wirkung gegenüber verschiedenen humanen Tumor-Zellinien [49,68]. Parthenolid hemmt die Inkorporation von radioaktivem Thymidin, Uridin und Leucin in die DNA von HeLa-Zellen [69]. Die Wirkung erfolgt möglicherweise durch Hemmung im Stadium der DNA-Replikation [45,70]. Parthenolid und Santamarin wirken cytotoxisch auf das Eagle’s Carcinom des Nasopharynx-Zellkultursystems (9 KB) bei einer EC von 0,45 bzw. 1,1 μg/mL [71]. Nach einer anderen Studie zeigte Parthenolid in diesem Testsystem eine Aktivität von 2,3 μg/mL und Costunolid von 2,8 μg/mL [72]. Wässrige und organische Mutterkrautextrakte (Droge-Extraktverhältnis 1:50) hemmen die mitogeninduzierte Aufnahme von tritiiertem Thymidin [H]-TdR) in humane periphere mononucleare Blutzellen (PBMC) mit einer ED von 0,06 mg/mL und die Interleukin-2-(Il-2)-induzierte Aufnahme von [H]-TdR durch Lymphoblasten mit ED-Werten von 0,03 bzw. 0,04 mg/mL. Die Extrakte hemmen ebenfalls die Freisetzung von PGE durch Interleukin-1-(Il-1)-stimulierte Synovialzellen mit ED -Werten von 0,2 mg/mL bzw. 0,1 mg/mL. Parthenolid blockiert die [H]-TdR-Aufnahme durch mitogeninduzierte PBMC mit einer ED von 0,012 μM. Sowohl die Extrakte als auch Parthenolid sind cytotoxisch für mitogeninduzierte PBMC und für Il 1-stimulierte Synovialzellen [73,74].
Durch die Indikationsangabe in den ESCOP- und den HMPC-Monographien werden im Folgenden nur klinische Studien zur Prophylaxe von Migräne im Detail vorgestellt [2].
Außerdem liegt im Indikationsgebiet der rheumatischen Beschwerden derzeit keine einzige im modernen Sinne gut durchgeführte klinische Studie vor. Die einzige Arbeit in diesem Anwendungsgebiet ist eine Doppelblindstudie, die durch die Selektion von Patienten, die bereits auf NSAR nicht adäquat angesprochen haben (non-Responder), zu einem Negativergebnis kam [75].
Drei der klinischen Studien zur Prophylaxe von Migräne wurden mit getrocknetem Blattmaterial durchgeführt. Alle drei zeigen ein positives Studienergebnis [16,76,77].
Bereits 1985 veröffentlichte Johnson die erste randomisierte, placebo-kontrollierte Doppelblindstudie. Sie lief über 6 Monate mit 17 Migränepatienten, die sich zuvor selbst erfolgreich über 3-4 Jahre mit Mutterkraut behandelt hatten. Eingeschlossen wurden Patienten mit einer klassischen Migräne und maximal 8 Attacken pro Monat. Acht Patienten nahmen weiterhin Mutterkrautblätter in Form getrockneter Tanacetumblätter (oral 2 x 25 mg Pulver pro Tag) und neun Patienten erhielten ein Placebo.
In der Verumgruppe lag die Migränefrequenz bei 1,69 Attacken/Monat über 6 Monate und 1,5 in den letzten 3 Monaten. Das sind nur mehr 20 % im Vergleich zur Migränefrequenz zu Beginn der Studie. Unter Placebo hatten die Patienten jedoch 3,43 Migräneanfälle/Monat (= 87 % im Vergleich zum Anfangswert).
Daraus ergibt sich eine Abnahme der Anfallshäufigkeit von 67 % bzw. 1,93 Anfälle/Monat weniger (p<0,02).
Interessanterweise berichteten alle Patienten in der Placebogruppe von mindestens einem unerwünschten Ereignis. Unter Verum beobachteten hingegen 4 Patienten keine unerwünschten Ereignisse, 2 hatten schon zuvor unter Gelenksteifigkeit gelitten, und in einem Fall traten Menstruationsstörungen auf. Ein Patient berichtete über kolikartige abdominale Beschwerden. Bei den Laborwerten (pH, Bilirubin, Blut, Glukose und Sediment im Urin) waren keine Gruppenunterschiede zu beobachten.
Da alle Patienten schon vor der Studie Mutterkraut nahmen betrachteten die Autoren die beobachteten unerwünschten Ereignisse in der Placebogruppe als Absetzphänomen [16].
Eine randomisierte, placebo-kontrollierte Doppelblindstudie im Cross-over-Design mit 60 Migränepatienten erschien im Jahr 1988. Die Gabe von 70 – 114 mg getrockneter Blätter in 1 Gelatinekapsel/Tag (entsprechend 0,545 mg Parthenolid/Tag), über 4 Monate Behandlungsdauer pro Phase, hatte signifikant die Attackenhäufigkeit (Abnahme um 32 %, p<0,05) und deren Schwere reduziert, nicht jedoch die Dauer der Attacken. Außerdem wurde eine signifikante Reduktion von Übelkeit und Erbrechen (p<0,002) berichtet [76]. Mundulcerationen wurden unter Placebo häufiger als unter der Medikation beobachtet.
In einer weiteren klinischen Cross-over-Studie wurden 57 Migränepatienten in 3 Phasen behandelt. In der ersten Phase erhielten alle Patienten 100 mg gepulverte Mutterkrautblätter täglich für 2 Monate. In der zweiten und dritten Phase erhielten die Patienten nacheinander dieselbe Dosis an Mutterkraut oder Placebo. Im Vergleich zu Placebo kam es in der Behandlungsgruppe zu einer signifikanten Verringerung der Schmerzintensität (p<0.01) und in der Schwere der typischen Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit (p<0.001). Es gibt jedoch keine Angaben zur Anfallshäufigkeit [77].
In einer randomisierten, placebo-kontrollierten Doppelblindstudie, ebenfalls im Cross-over-Design wurde ein alkoholisch wässriger Extrakt eingesetzt. Für 4 Monate erhielten die 50 Migränepatienten entweder täglich 1 Kapsel mit einem 90 %igen ethanolischen Extrakt aus Mutterkraut oder Placebo. Es konnte keine signifikante prophylaktische Wirkung bezüglich Reduktion der Migräneattacken festgestellt werden, jedoch war die Tendenz einer Begleitmedikation geringer. Das Negativergebnis ist vermutlich auf die Zubereitungsform zurückzuführen. Es ist bekannt, dass die Sesquiterpenlaktone in einem ethanolischen Extrakt instabil sind. Außerdem wurde die Studie mit Patienten durchgeführt, die nicht auf klassische Migränetherapeutika ansprechen (non-Responder) [78].
In den neueren Arbeiten wurde ein CO2-Extrakt (MIG-99; 6,25 mg 3 x täglich) eingesetzt [79,80].
Die Behandlung von 147 Patienten über 3 Monate ergab ein positives Nutzen/Risiko-Verhältnis, allerdings nur bei Patienten mit häufigen Migräneattacken (mindestens 4 pro Monat) [80]. Dieser Befund bestätigte sich in einer zweiten, größer angelegten Studie mit 170 Patienten über 4 Monate mit 3 x 6,25 mg MIG-99/Tag [79]. Es wurde ein signifikanter Unterschied beim Rückgang der Anfallsfrequenz, von -1,9 Anfällen im Vergleich zu -1,3 Anfällen in der Placebogruppe, dokumentiert.
Zu Beginn hatten alle Patienten im Durchschnitt 4,76 Anfälle. Die Anfallshäufigkeit in der Verumgruppe reduzierte sich innerhalb von 4 Monaten auf 2,9 und in der Placebogruppe auf 3,5 Attacken/Monat (p=0,0148).
Anfallshäufigkeit nach Einnahme eines CO2-Extraktes aus Mutterkraut über einen Zeitraum von 4 Monaten[79].
Ernst, Pittler und Vogler publizierten regelmäßig Übersichtsarbeiten und Metaanalysen der klinischen Daten zur Migräneprophylaxe durch Tanacetum [18,19,81,82]. Wie meistens von der Cochrane Arbeitsgruppe vorsichtig und zurückhaltend formuliert beschrieben sie die Ergebnisse als bislang inkonsistent und ohne eindeutige Wirksamkeit zur Prävention von Migräne. Die Bewertungen berücksichtigten jedoch noch nicht die Daten aus den aktuellsten Studien, wobei insbesondere die Studie von Diener et al. eine eindeutige Wirksamkeit in einer gut geplanten Studie belegt [79]. Ganz aktuell wurde von denselben Autoren ein Update der bislang publizierten Cochrane Reviews [18,82] veröffentlicht. Hier wurden durch den Einschluss der erwähnten Diener et al. Studie einige positive Hinweise zur Abnahme der Anfallshäufigkeit zusammengefasst. Außerdem wurde explizit auf die Anwendungssicherheit hingewiesen [17].
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